Helios-Studie: Erster Corona-Lockdown hat Zahl der Krebsbehandlungen erheblich reduziert
Europas gröĂter privater Klinikbetreiber, Helios, hat in einer reprĂ€sentativen Studie die Anzahl an Krebsbehandlungen seiner Kliniken im FrĂŒhjahr 2020 ausgewertet. Die Ergebnisse bestĂ€tigen, dass wĂ€hrend des ersten Corona-Lockdowns und kurze Zeit danach deutlich weniger Krebsbehandlungen durchgefĂŒhrt wurden. Das geht aus einer Mitteilung des Unternehmens hervor.
Im Zeitraum des ersten Corona-Lockdowns vom 13. MĂ€rz bis zum 28. April 2020 sowie in der Zeit unmittelbar danach bis Mitte Juni 2020 habe Helios die Anzahl an Krebsbehandlungen in seinen Kliniken mit dem entsprechenden Zeitraum des Vorjahres verglichen. Insgesamt wurden Helios zufolge rund 69.000 FĂ€lle analysiert und ein signifikanter RĂŒckgang der Behandlungen um durchschnittlich zehn bis 20 % festgestellt.
âWir sehen einen deutlichen Einfluss des Corona-Lockdowns auf die Behandlungen im Bereich der Onkologie. Vor allem bei Patientinnen und Patienten, die ĂŒber 75 Jahre alt sind, wurden durchschnittlich 20 % weniger Behandlungen durchgefĂŒhrtâ, erklĂ€rt PD Dr. Peter Reichardt, Autor der Studie und Chefarzt Onkologie und Palliativmedizin am Helios Klinikum Berlin-Buch.
Die Helios Studie stellt zudem bei allen Krebsarten einen RĂŒckgang der Fallzahlen wĂ€hrend des Lockdowns im FrĂŒhjahr 2020 fest. Besonders deutlich ist der Unterschied bei bösartigen Neubildungen der weiblichen Genitalorgane, wie zum Beispiel GebĂ€rmutter- oder Eierstockkrebs, mit 20 % weniger Behandlungen und Hautkrebs (18 % weniger Behandlungen). Lediglich die Anzahl der bösartigen Neubildungen der mĂ€nnlichen Genitalorgane, wie beispielsweise Prostata- oder Hodenkrebs, blieb im Vergleich zum Vorjahr konstant.
Auch die GröĂe der KrankenhĂ€user und die Covid-19-Fallzahlen im jeweiligen Bundesland der Klinik hatten laut Ergebnisanalyse Einfluss auf die Krebsbehandlungen: GröĂere Kliniken und Kliniken in BundeslĂ€ndern mit höheren Covid-19-Fallzahlen verzeichneten einen stĂ€rkeren RĂŒckgang der Behandlungen als kleinere Kliniken und HĂ€user in geringer belasteten BundeslĂ€ndern.
Mögliche Ursachen und gesundheitliche Folgen
âUnsere Studie zeigt auch, dass der erhoffte Erholungseffekt nach dem Wiederhochfahren der Kliniken Anfang Mai nicht so schnell eingetreten ist. Wir können anhand der Analysen sehen, dass noch bis Mitte Juni deutlich weniger Krebsbehandlungen in unseren Kliniken stattgefunden haben als im Vergleichszeitraum 2019. Besonders bedenklich daran ist, dass es 2020 nicht deutlich weniger Krebserkrankungen gab, sondern die Erkrankungen wahrscheinlich erst spĂ€ter festgestellt wurden. Gerade bei Krebs ist es aber entscheidend, so frĂŒh wie möglich mit einer geeigneten Therapie zu beginnen, um die Ăberlebenschancen so hoch wie möglich zu haltenâ, sagt PD Dr. Reichardt.
Die genauen GrĂŒnde fĂŒr den RĂŒckgang der Krebsbehandlungen wĂ€hrend des Lockdowns und der Wochen danach mĂŒssen laut Helios erst noch anhand weiterer Erhebungen analysiert werden. Wahrscheinlich sei, dass viele Patientinnen und Patienten aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus den Arztbesuch gemieden hĂ€tten.
Auch die vorĂŒbergehende SchlieĂung oder eingeschrĂ€nkte Sprechzeiten der Arztpraxen können dazu gefĂŒhrt haben, dass Patientinnen und Patienten nicht oder erst verspĂ€tet mit ihren Beschwerden vorstellig wurden.
Die Studienergebnisse können unter folgendem Link eingesehen werden:
https://www.karger.com/Article/FullText/512935
Zur Studie:
FĂŒr die reprĂ€sentative Studie wurden rund 69.000 FĂ€lle in 75* Helios Kliniken aller Versorgungsstufen in 13 BundeslĂ€ndern ausgewertet. Betrachtet wurden Patientinnen und Patienten mit der Hauptdiagnose der ICD-Codes C15-C26, C30-C39, C40-C41, C45-C49, C51-C58, C60-C63, C64-C68 und C81-C96. Die beiden UntersuchungszeitrĂ€ume vom 13. MĂ€rz bis zum 28. April 2020 (Zeitraum des ersten Lockdowns) und vom 29. April bis zum 14. Juni 2020 wurden den Fallzahlen des gleichen Zeitraums von 2019 in den Helios Kliniken gegenĂŒbergestellt.
* In der Studie sind 75 der insgesamt 89 Helios Kliniken berĂŒcksichtigt, die an der Krebsversorgung beteiligt sind. Die weiteren 14 Kliniken sind nicht an der Krebsversorgung beteiligt und wurden daher von der Analyse ausgeschlossen.