Cannabis beeinflusst die Geruchswahrnehmung

Was SARS-CoV-2 als Corona-Erreger vermag, ist Medizinern keinesfalls unbekannt: Bereits 2007 fanden Göttinger Forscher heraus, dass sich die Geruchswahrnehmung massiv beeinflussen lĂ€sst – damals allerdings durch Cannabis.

TatsĂ€chlich hatten Wissenschaftler der UniversitĂ€tsmedizin Göttingen zum ersten Mal nachweisen können, dass die Funktion von Sinneszellen in der Riechschleimhaut durch Cannabinoide beeinflusst wird. Sie zeigten, dass Riechzellen auf Duftstoffe verzögert, schwĂ€cher oder gar nicht reagierten, wenn sie zuvor mit einem Cannabis-Antagonisten (Hemmstoff) behandelt wurden. Die Erkennung der Duftstoffe normalisierte sich, sobald Cannabis hinzugefĂŒgt und die Wirkung des Gegenstoffs aufgehoben wurde.

Die Göttinger Forscher hatten den Einfluss von Cannabinoiden in einem dafĂŒr geeigneten Modellsystem – dem Geruchssinn von Kaulquappen – getestet. Ziel der Studie war es, den Einfluss des körpereigenen Cannabinoid-Systems auf das Riechen zu untersuchen und seine Bedeutung fĂŒr die Sinneswahrnehmung zu klĂ€ren.

FĂŒr ihre Untersuchungen verĂ€nderten die Forscher die Konzentration von Cannabinoiden, wĂ€hrend sie gleichzeitig die Sinneszellen reizten. Je nach An- oder Abwesenheit von Cannabinoiden variierten die elektrischen und chemischen Signale der Sinneszellen stark. “Zum ersten Mal ist damit bewiesen, dass Cannabinoide nicht nur im Gehirn Signale verĂ€ndern, sondern auch schon jene Signale beeinflussen, die zum Gehirn geleitet werden”, sagte vor 14 Jahren der Leiter der Studie, Detlev Schild.

“Viele der grundlegenden Mechanismen des Riechsystems wurden im Laufe der Evolution bewahrt. Daher ist es wahrscheinlich, dass Cannabinoide auch im Riechsystem von höheren Wirbeltieren und beim Menschen wirken könnten,” erlĂ€uterte Dr. Ivan Manzini die Untersuchungen an den Kaulquappen.

“Dass körpereigene Cannabinoide Einfluss auf die Geruchswahrnehmung haben, ergibt Sinn, wenn man frĂŒhere Studien berĂŒcksichtigt, die gezeigt haben, dass im Gehirn von Tieren erhöhte Cannabinoid-Werte gemessen wurden, wenn sie Hunger hatten. Da bekannt ist, dass man GerĂŒche stĂ€rker wahrnimmt, wenn man hungrig ist, liegt ein Zusammenhang zwischen der Menge von körpereigenen Cannabinoiden und der Riechempfindlichkeit nahe,” sagte Dirk Czesnik: “Je mehr Cannabis wirkt, desto stĂ€rker ist das Geruchsempfinden. So wird auch plausibel, dass zu viel Cannabis zu Geruchs-Halluzinationen fĂŒhren kann.”

Die Ergebnisse zeigten aber auch: körpereigene Cannabinoide spielen nicht nur bei der zentralen Verarbeitung von Reizen im Gehirn eine Rolle, sondern sie wirken schon ganz frĂŒh in der Peripherie der Wahrnehmung.

Originalveröffentlichung:

D. Czesnik, D. Schild, J. Kuduz, and I. Manzini (2007) Cannabinoid action in the olfactory epithelium. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, 104(8), 2967-2972.

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