BUND Westharz unterzeichnete 2014 brisante Gipsabbau-Vereinbarung bis 2090

Die GrĂŒnder der BUND-Ortsgruppe Osterode, Marita Vollborn und Vlad Georgescu, sind im September 2020 aus dem Bund fĂŒr Umwelt und Naturschutz (BUND) ausgetreten. Grund hierfĂŒr sei die Weigerung des BUND-Landesverbandes und des BUND Westharz, gegen den Abbau von Dolomit bei Ührde zu klagen. Sie kritisierten, dass der BUND einerseits FĂŒhrungen durch die Gipskarstlandschaft unternehme, um die Bevölkerung auf die Einzigartigkeit dieser Region hinzuweisen, andererseits aber der BUND Westharz, vertreten durch Dr. Friedhardt Knolle, und der NABU Osterode bereits 2014 eine Vereinbarung fĂŒr eine „zusĂ€tzliche Kompensation aus GrĂŒnden des Artenschutzes“ unterzeichnet und damit de facto einer weiteren Landschaftszerstörung bis ins Jahr 2090 im benannten Gebiet zugestimmt habe.

Im April 2014 hatte das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Braunschweig eine Erweiterung des Dolomitsteinbruchs „Am HĂ€rkenstein“ bei Ührde im Altkreis Osterode genehmigt. Diese Genehmigung umfasst die Ausdehnung des bestehenden Steinbruchs um rund 37 Hektar in einem Gebiet, das auf Grund seiner außergewöhnlichen Artendichte Teil des „Hotspot der biologischen Vielfalt“ ist. Auch der Blossenberg samt FeldherrenhĂŒgel gehören dazu; sie werden der Knauf-Tochter Rump & Salzmann GmbH & Co. KG zum Opfer fallen. Das Osteroder Gipskarstgebiet ist Teil der europaweit einmaligen Gipskarstlandschaft, die sich ĂŒber die drei BundeslĂ€nder Sachsen-Anhalt, ThĂŒringen und Niedersachsen zieht. Diese Landschaft könne, statt die Rohstoffindustrie weiter zu bereichern und nur wenige Menschen unter Lohn und Brot zu stellen, ganze Regionen ernĂ€hren: mit sanftem Tourismus. „Denn die Gipskarstandschaft hĂ€tte das Zeug, als UNESCO-Weltnaturerbe ausgezeichnet zu werden – wenn Politik, Behörden und VerbĂ€nde geeint und mit Macht gegen die Rohstoffindustrie vorgingen,“ sagt Georgescu. Davon aber seien die Verantwortlichen „meilenweit entfernt“. Bereits heute seien mehr als die HĂ€lfte der insgesamt 770 Hektar Gipskarst um Osterode fĂŒr den Abbau freigegeben, frĂ€ĂŸen sich die Bagger immer tiefer in die FFH-LebensrĂ€ume. Damit aber nicht genug: Mit der Unterschrift von BUND und NABU sei der Raubbau ĂŒber „sage und schreibe“ drei Generationen hinweg von zwei der bekanntesten UmweltverbĂ€nde in Deutschland legitimiert worden. Denn die Kompensationsvereinbarung, die neben der damaligen Vorsitzenden des NABU Osterode, Ursula Glock-Menger, auch Dr. Friedhart Knolle, Vorsitzender des BUND Westharz, im MĂ€rz 2014 unterzeichnet hatten, sei erst eine der Voraussetzungen fĂŒr die Erteilung der Genehmigung durch das Gewerbeaufsichtsamt Braunschweig einen Monat spĂ€ter gewesen. Vollborn und Georgescu halten die Vereinbarung fĂŒr einen unverzeihlichen Fehler – und fĂŒr einen Ă€ußerst klugen Schachzug der Rohstoffindustrie.

Der BUND Niedersachsen habe in den drei Jahren ihrer Mitgliedschaft sowohl auf die Erstellung eines Gutachtens zur BiodiversitĂ€t als auch auf die Einschaltung von FachanwĂ€lten und entsprechende Klagen verzichtet, monieren Vollborn und Georgescu. „Unsere zahlreichen Versuche, den Landesverband ĂŒber AntrĂ€ge dazu zu bewegen, blieben erfolglos“, sagt Georgescu. Im Gegenteil habe der niedersĂ€chsische BUND „geblockt“. „Als wir im Zuge unserer Recherchen zum Gipskarst auf einen Artikel stießen, der das höchst befremdliche Einvernehmen zwischen BUND Westharz, NABU Osterode und Rump & Salzmann behandelt, wurde uns schließlich klar, warum.“ In dem Artikel (HarzKurier vom 26.3.2014) wird Dr. Friedhart Knolle mit den Worten zitiert „Erst haben wir gestritten. Jetzt haben wir ein tolles Verhandlungsergebnis erzielen können.“ „Erschreckend“ finden Vollborn und Georgescu, was da eigentlich unterschrieben wurde: WĂ€hrend durch den Abbau durch Rump & Salzmann StĂŒck fĂŒr StĂŒck seltene Pflanzengemeinschaften, Insekten und Wirbeltiere ihren angestammten Lebensraum verlieren und damit die Bedrohung der BestĂ€nde weiter zunimmt, liste das Papier kaum mehr als vage Zielvereinbarungen und Phrasierungen auf. „Wohlweislich“ habe sich Rump & Salzmann jede einzelne Seite der Kompensationsvereinbarung von Knolle und Glock-Menger abzeichnen lassen.

„Wir hĂ€tten wenigstens gehofft, dass dieser Kardinalfehler in den VerbĂ€nden aufgearbeitet wird“, sagt Vollborn. Davon könne aber keine Rede sein. „Auf die vielen Fragen, was konkret der BUND Niedersachsen in den vergangenen Jahren gegen den Raubbau im Gipskarst unternommen hat, wurden wir vom niedersĂ€chsischen BUND-Vorsitzenden Heiner Baumgarten mit allgemeinen umweltpolitischen Statements abgespeist“, erzĂ€hlt Vollborn. Worte und FĂŒhrungen allein wĂŒrden aber das Blatt nicht wenden. „Wir verlassen den BUND in der Hoffnung, dass eines Tages eine junge und vor allem kritische Generation das Zepter an sich reißt, und nicht mehr eine brav ergraute, allein dem hierarchischen Denken verpflichtete Generation im Namen der Umwelt fragwĂŒrdige VertrĂ€ge fĂŒr die kommenden 76 Jahre abschließen kann.“

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